Von der Zollstation zum Wahrzeichen – die Galluswarte
Historisch ist das Gallus das frühere Galgenfeld westlich der mittelalterlichen Stadtgrenze Frankfurts. Der Name leitet sich von der Galluswarte (eigentlich Galgenwarte) her, einem der vier mittelalterlichen Warttürme der Stadt. Mit dem Heiligen St. Gallus hat der Name des Stadtviertels ursprünglich nichts zu tun, doch wurde der Name gegen Ende des 18. Jahrhunderts umgewandelt, um der Gegend den zweifelhaften Ruf zu nehmen. Eine 1905 neugebaute katholische Kirche in diesem Stadtviertel ist ebenfalls dem Heiligen Gallus geweiht.
Geschichtlich ist der Stadtteil ein Mischgebiet. Neben Produktion und Handwerk spielte das Transportwesen eine große Rolle, durch die Aufgabe des Güterbahnhofes verlor es jedoch an Bedeutung. Immer noch ein Wahrzeichen ist dagegen der ab 1880 errichtete Frankfurter Hauptbahnhof.
Im Zweiten Weltkrieg war auch dieser Stadtteil Ziel alliierter Luftangriffe, wie am 29. Dezember 1944, als es zu schweren Zerstörungen kam.[1]
Im Juni 2006 beschloss der Ortsbeirat Gallus auf Initiative der Fraktion der Grünen einstimmig, künftig als offizielle Bezeichnung nur noch den Namen Gallus zu führen und auf den Zusatz -viertel zu verzichten, mit der Begründung, dass diese Benennung längst dem allgemeinen Sprachgebrauch entspreche. Am 3. April 2007 wurde dieser Beschluss offiziell umgesetzt.
„Kamerun“
Etwa seit der vorletzten Jahrhundertwende wird das damalige Neubaugebiet westlich der Galluswarte, häufig auch das ganze Gallus, volkstümlich als „Kamerun“ bezeichnet. Ein anderer Teil des Gallus nördlich der Mainzer Landstraße wurde als die Goi bezeichnet. Ein dritter alter Ortsname für ein kleines Neubaugebiet nördlich der Straßenbahnhaltestelle Mönchhofstraße lautet Babbedeggelhausen. Damals (1905) lebten im Gallus 15.400 Einwohner. Woher diese Bezeichnungen stammen, ist bis heute nicht gesichert. Es gibt unterschiedliche Erklärungsversuche:
- Nach dem Ersten Weltkrieg waren die Grenzübergänge an der Mainzer Landstraße von französischen Besatzungssoldaten – marokkanischen Söldnern – besetzt. „Zu den Kamerunern gehen“ sei das geflügelte Wort gewesen, wenn man aus dem Gallus zu diesen Übergängen unterwegs gewesen sei.
- Eine andere Theorie verweist auf den Ruß, der sich aus zahlreichen Schornsteinen nach der Industrialisierung auf den Stadtteil legte. „Schwarz wie Kamerun“ sei der dann gewesen.
- Mancher meint auch, der Stadtteil sei durch die Industrie und die angesiedelte Arbeiterbevölkerung so fern der sonstigen Stadtbevölkerung gewesen, dass er für die restliche Bevölkerung so weit weg wie die deutsche Kolonie Kamerun gewesen sei.
- Noch eine Version verweist auf die Adlerwerke, in denen Schreibmaschinen hergestellt wurden. Nach der Schicht kamen die Arbeiter oft mit von Schreibmaschinenfarbe befleckten Gesichtern aus der Fabrik und es heißt, dass man sie, auch aufgrund der Popularität der damaligen Kolonien, „Kameruner“ genannt habe.
- Eine weitere Theorie verweist auf das ehemalige Ausbesserungswerk der Bahn in der Idsteiner Straße. Dort sollen Dampflokomotiven entrußt worden sein. Die mit diesen Arbeiten betrauten Bahnarbeiter sahen danach aus wie „Kameruner“.
- Das Gallus ist seit der Errichtung des Hauptbahnhofs ein von Industrie- und Handwerksbetrieben geprägter Stadtteil. Die ältesten Betriebe sind die Adlerwerke in der Kleyerstraße und die Eisengießerei Mayfarth & Co. Daneben spielten Handwerksbetriebe (zum Beispiel Schuhmanufaktur), die Bremsenfabrik Alfred Teves (ATE) und die Deutsche Privat Telephon Gesellschaft H. Fuld & Co (später Telefonbau und Normalzeit, kurz Telenorma oder T&N) eine große Rolle. An der Mainzer Landstraße hatten in der Nachkriegszeit Autohäuser eine Bedeutung, inzwischen sind sie weitgehend an der Hanauer Landstraße angesiedelt.
- Für die in diesen Betrieben Beschäftigten wurden unter Leitung des Baustadtrats Ernst May die Hellerhofsiedlung und die Friedrich-Ebert-Siedlung als typische Arbeitersiedlungen entworfen und gebaut.Jahrzehntelang fand im Gallus wegen seiner ungünstigen ‚eingeklemmten‘ Lage zwischen dem Gleisvorfeld des Hauptbahnhofs und den Gleisen des Hauptgüterbahnhofs kaum Stadtentwicklung statt.
- Die Friedrich-Ebert-Siedlung
- Mit der Aufgabe des Hauptgüterbahnhofs durch die Deutsche Bahn im Jahr 1996 ergaben sich für den Stadtteil dann ganz neue Optionen.
Mehr Informationen hierzu: https://de.wikipedia.org/wiki/Frankfurt_(Main)_Hauptg%C3%BCterbahnhof
Seit 2006 entsteht hier auf ehemaligen Gleisflächen das Europaviertel als lebendiges Stadtviertel mit Bürohäusern, Wohnungen, Geschäften, Hotels und Parks. Nahe der Messe wurde Anfang 2012 der 200-Meter-Wolkenkratzer Tower 185 fertiggestellt. Im August 2013 wurde nach zweijähriger Bauzeit das großflächige Einkaufszentrum Skyline Plaza im östlichen Europaviertel eröffnet, dem im Mai 2014 das Kongresszentrum Kap Europa folgte.Als eine wirtschaftliche Achse zieht sich die Mainzer Landstraße quer durch das Stadtviertel. Nach dem Verschwinden von Produktion und Handwerk hat sich seit dem Jahr 2000 in erheblichem Maße Dienstleistungsgewerbe (Verlagsgewerbe und Wertpapierhandel sowie große Bereiche der Commerzbank AG mit ihrem Dienstleistungszentrum) in neuen Gebäuden angesiedelt. Die Zentrale Personenverkehr der Deutschen Bahn AG befindet sich neben dem Gelände des ehemaligen Bahnausbesserungswerks südlich der Messe. Darüber hinaus beherbergt das Gallus das Verlags- und Redaktionsgebäude der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und des Frankfurt Journals.
Einige Straßenzüge gelten als soziale Brennpunkte aufgrund unterschiedlicher Lebensläufe der Bewohner (Sozialhilfe, Immigration, Drogen– oder Alkoholmissbrauch). Auch aus diesem Grund ist das Gallus in das Projekt Soziale Stadt aufgenommen worden. Im Rahmen dieses Bund-Länder-Programms werden Projekte im Stadtteil ohne großen bürokratischen Aufwand durchgesetzt (sofern sie den Bestimmungen des Projekts entsprechen).Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Frankfurt-Gallus
Geschichtswerkstatt Gallus sucht Mitmacher
Die Geschichtswerkstatt Gallusist eine eigenständige offene Gruppe von geschichtsinteressierten Bewohnerinnen und Bewohnern des Gallus, die sich in den letzten 10 Jahren im Rahmen des Projekts Soziale Stadt Gallus „gefunden“ haben. Die Geschichtswerkstatt recherchiert zu den vielfältigen Aspekten der Sozial-, Industrie-und Sportgeschichte des Stadtteils; Ergebnisse kann man inArtikelndesseit Januar 2013 monatlich erscheinenden Infos„Die Geschichtswerkstatt Gallus berichtet“, lesen. DieBildersammlungen sind in den Wechselausstellungen im Schaufenster der Geschichtswerkstatt im Stadtteilbüro in der Frankenallee 168 zu sehen. Seit 2012 gibt es den jährlich erscheinenden Historischen Kalender der Geschichtswerkstatt mit immer wieder überraschend unbekannten Fotos zu bekannten und unbekannten Orten. Die Geschichtswerkstatt Gallus initiiert und beteiligt sich zudem an vielen Aktionen und Veranstaltungen im Stadtteil, so mit einer Veranstaltung und Ausstellung zur Firma BRAUN, deren Welterfolg des Braun-Designs seinen Anfang in der ehemaligen Braunfabrik, Idsteiner Straße 91 im Gallus nahm, im Rahmen der Route der Industriekultur im Jahr 2008,dem Historischen Geschäftsradrennen auf der Frankenallee 2010, dem Erinnern an den Auschwitzprozess im Haus Gallus 2014, dem Stadtlabor Gallus 2015, bei Stolpersteinverlegungen sowie Stadtteilrundgängen zu den Themen der Mitglieder. 2014 konnten an der Galluswarte Tafeln zur Geschichte des Kulturdenkmals angebracht werden. Vier Mitglieder der Geschichtswerkstatt wurden in den Jahren 2008 –2010 für das Projekt StadtteilHistoriker der Stiftung Polytechnische Gesellschaft ausgewählt und in ihren Projekten wissenschaftlich unterstützt. Ergebnis sind die drei Bücher„Was das Gallus bewegte“ von Hanne Emrich, „Von der Straße nach Mainz zur Mainzer Landstraße“ von Renate Ullrich sowie „Kamerun –das sind wir“ von Irmgard Lauer-Seidelmann.Seit 2014 sind darüber hinaus folgende Publikationen erschienen: Hanne Emrich und Renate Ullrich „Weit draußen vor den Thorender Stadt… 600 Jahre Galluswarte“; Irmgard Lauer-Seidelmann, Thomas Sock „Victor Bünte, Franz Remmler und Norbert Neumann: Bünte & Remmler Leuchtenfabrik“; der Ausstellungsfolder „Fragmente zum Zwangsarbeiterlager Ackermannwiese der Firma Alfred Teves“,Redaktion: Helga Roossowie Hanne Emrich „Blicke zurück -Das Gallus im Bild alter Landkarten“.Alle Publikationen können über dieGeschichtswerkstatt bestellt werden. DasInfo „Die Geschichtswerkstatt Gallus berichtet“ liegt an vielen Stellen im Gallus aus und kann darüber hinaus für die Zustellung per Mail als PDF abonniert werden. Der Historische Kalender erscheint für das Folgejahr immer pünktlich zum Stadtteilfest Gallus im September und kann abschließend über die Geschichtswerkstatt Gallus und das Stadtteilbüro in der Frankenallee 160 bezogen werden.Kontakt:Email: GWGallus@gmail.comTel: Hanne u. Jürgen Emrich: 069 73 44 03Helga Roos0176 511 79 808Post: Geschichtswerkstatt Gallus c/o CaritasFrankfurt e.V.Quartiersmanagement Frankenallee 16660326 Frankfurt am Mai
Die Entwicklungsgeschichte des Europaviertels
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